0190er-Abzocke

Es tauchen vermehrt Meldungen auf, in denen über Programme berichtet wird, die Internetververbindungen über teure Premium-Rate-Telefonnummern (0190- in Deutschland, 09x0 in Österrreich und der Schweiz) herstellen. Solche Einwahlprogramme werden Dialer genannt (von engl. dial = eine Telefonnumer wählen; sprich: 'dei-e-ler'), oft trifft man auf Bezeichnungen wie Webdialer oder 0190-Dialer.
Grundsätzlich sind diese Programme und die Vermarktung von Online-Inhalten über den Weg der Telefonrechnung legitim. Dies wird bei Websites, deren Inhalte 'nur für Erwachsene' gemacht sind, schon seit einiger Zeit praktiziert. Inzwischen werden auch Websites beworben, die (angeblich?) Hacker-Tools und dergleichen anbieten.

Websites, die solche Dialer verwenden, werden aktiv in Werbe-Mails (Spam) beworben, ohne dass man erfährt, in welche Falle man gelockt werden soll. Folgt man einem solchen Link in einer Werbe-Mail, gelangt man zunächst auf eine Eingangsseite. Von dort geht es meist nur weiter, wenn man zunächst eine Software herunter lädt und installiert. Oft wird der Download auch bereits beim Aufruf der Seite automatisch gestartet. Die Programme werden sehr unterschiedlich etikettiert, übliche Bezeichnungen sind z.B. Zugangssoftware (das ist noch die ehrlichste), Webcam-Tool, Chat-Software, Entschlüsselungsprogramm, Crack-Programm u.v.m. Einige Werbe-Mails versprechen einen 'geknackten' Dialer und erwecken so die Erwartung, dass man damit ohne finanzielles Risiko (bzw. kostenlos) Zugriff auf die ansonsten kostenpflichtigen Inhalte erlangen könnte. Auch dies ist eine absichtliche Täuschung.

Was passiert da?
Lädt man die Software herunter, installiert und startet sie, baut der Dialer die bestehende Internetverbindung ab (soweit sie über ein Modem, eine ISDN-Karte oder dergleichen erfolgt) und wählt stattdessen eine so genannte Premium-Rate-Nummer. In Deutschland beginnen diese Telefonnummern meist noch mit 0190, in Österreich mit 09x0 (meist 0930), in der Schweiz mit 0900. Auch in Deutschland wird die RegTP (Regulierungsstelle für Telekommunikation und Post) die Nummern für diese Premium Rate-Dienste (Telefon-Mehrwertdienste) mittelfristig auf 0900er Nummern umstellen, mit der Zuteilung der Nummern wurde bereits begonnen.

Die Kosten
Die Verbindungskosten sind ungleich höher als bei normalen Internet-Verbindungen. So entstehen bei Rufnummern, die mit 0190-8 beginnen, Kosten von EUR 1,86 / min. Nummern, die mit 0190-0, 0193 und 0900 beginnen, sind frei tarifierbar, d.h. im Gegensatz zu den anderen 0190-Nummernblöcken gibt es keine Obergrenze, der Anbieter kann die Gebühren beliebig festsetzen.
Rufnummern mit 0193 werden auch von ganz normalen Internet-Providern verwendet, dann sind die Gebühren auch im Rahmen der üblichen Preise für Internet-Zugänge. In anderen Fällen werden Tarifmodelle angewendet, die das gesamte Spektrum der Möglichkeiten abdecken. In dem extremsten Fall, der bislang bekannt wurde, werden EUR 900,- pro Einwahl berechnet, auch wenn die Verbindung nur für einen kurzen Moment besteht. Zuvor hatte bereits ein Fall für Aufregung gesorgt, in dem es 'nur' EUR 300 pro aufgebauter Verbindung sind.
In manchen Fällen bleibt die teure Verbindung auch bestehen, wenn man die Seiten des Anbieters verlässt und sich wie gewohnt im Internet weiter bewegt. Das böse Erwachen kommt erst einige Wochen später beim Erhalt der Telefonrechnung, die leicht mehrere 1000 EUR betragen kann...

Wie kann man sich schützen?
Da es sich bei den Dialern rechtlich um legitime Software handelt, werden sie von Virenscannern nicht gemeldet. Auch so genannte Firewall-Software bietet keinen Schutz vor dieser Kostenfalle.
Der wichtigste Schutz besteht wie immer in gesundem Menschenverstand kombiniert mit Information. Klicken Sie gar nicht erst auf Links in Werbe-Mails oder auf den beworbenen Web-Seiten. Brechen Sie einen automatisch gestarteten Download sofort ab. Starten Sie nicht eine solche Software.
Es gibt Programme, die Ihr DFÜ-Netzwerk überwachen und Verbindungen zu Premium-Rate-Nummern melden. Die wenigsten dieser Schutzprogramme schaffen es, die Einwahl in allen Fällen zu verhindern, bevor eine Verbindung zustande kommt. Sie sollten sich daher nicht einfach darauf verlassen.
Kostenlos erhältliche Schutzprogramme:

Sie können auch bei der Telekom (bzw. Ihrer Telefongesellschaft) eine Sperrung aller 0190-Nummern für Ihren Anschluss beauftragen (Einrichtungsgebühr). Diese Sperre gilt dann aber auch z.B. für den Faxabruf von Informationen, die in TV-Sendungen angeboten werden und für Support-Rufnummern. Die Sperre kann nur für den gesamten Anschluss eingerichtet werden. Es ist nicht möglich, bei ISDN-Anschlüssen einzelne MSNs (hier: abgehende Rufnummern) zu sperren.

Dialer entfernen
Die meisten Dialer haben eine Deinstallationsmöglichkeit, die über Systemsteuerung/Software benutzt werden kann. Allerdings wird man dabei oft feststellen müssen, dass der Dialer nach dem nächsten Neustart des Rechners wieder da ist! Gehen Sie dann wie folgt vor:

  1. Einträge des Dialers in der Registry suchen und notieren

  2. Dialer über Systemsteuerung/Software deinstallieren

  3. Einträge des Dialers in der Registry suchen und ggf. entfernen (solche, die nicht entfernt und solche die neu eingefügt wurden)

  4. Rechner erst jetzt neu starten

  5. nach dem Neustart Task-Manager und Registry kontrollieren

Registry kontrollieren (1., 3., 5.):
[START] -> Ausführen... -> '
regedit' -> [OK]
Einträge suchen in diesen Schlüsseln:

HKEY_LOCAL_MACHINE\Software\Microsoft\Windows\CurrentVersion\Run
HKEY_LOCAL_MACHINE\Software\Microsoft\Windows\CurrentVersion\RunOnce
HKEY_LOCAL_MACHINE\Software\Microsoft\Windows\CurrentVersion\RunService

Zumindest im ersten genannten Schlüssel (Run) finden sich auch legitime Einträge (Virenscanner, SystemTray, Grafikkarten-Tool,...). Im zweiten (RunOnce) findet sich evtl. erst nach der Deinstallation ein Eintrag, dieser kann der Neuinstallation beim Neustart dienen.

Warnung:
Bei Änderungen in der Registry vorsichtig sein. Diese werden sofort gültig, Funktionen wie 'rückgängig machen' oder 'Änderungen speichern' sind nicht vorhanden. Exportieren Sie einen Schlüssel in eine Datei, bevor Sie etwas darin ändern (als Backup und auch zum Vergleichen).

Wer einen DSL-Anschluss hat (z.B. T-DSL, QDSL), kann über diesen Anschluss nicht mittels eines Dialers zur Kasse gebeten werden. Anbieter von kostenpflichtigen Seiten verlangen daher eine Telefonverbindung (quasi 'fernmündlich') zwecks Abrechnung. Wenn jedoch ein Modem, eine ISDN-Karte oder dergleichen installiert und betriebsbereit ist (z.B. für Fax), kann ein Dialer darüber eine Verbindung herstellen. Sicherste Methode zur Vermeidung: Stecker der Telefonleitung zum Gerät ziehen, nur bei Bedarf anschliessen. Externe Geräte können auch einfach ausgeschaltet werden.

Andere Informationsseiten zu diesem Thema:

Natürlich kann man sich auch von hier aus gleich entsprechende '0190-Warner' downloaden. Aber Achtung: Diese Programme überwachen zwar die angewählten Rufnummern aber sie bilden auch keinen 100prozentigen Schutz.

Abschließend noch ein Tipp: Betreiben Sie ein Netzwerk mit DSL, so achten Sie darauf, welche Funktionen auf den Klients eingerichtet werden. Hier kann meißtens zwischen drei Möglichkeiten differenziert werden:

    1)    Internet
    2)    DFÜ-Netzwerk
    3)    Internet und DFÜ-Netzwerk

Sollte also ein Klient sich nicht über den Server via DFÜ-Netzwerk (und damit auch über 0190er-Rufnummern) auswählen dürfen, ist ausschließlich die erste Form der Klient-Installation zu empfehlen.

P.S.: Entschuldigung, wenn dieser Text ein bisschen länger geworden ist, aber wer dieses beherzigt, kann schnell Geld sparen.

 

 



Meldung vom 24.05.2002

Künast: 0190er-Gesetz soll rasch kommen

Wahlversprechen im Wahljahr: Gesetz soll im Juni auf den Weg gebracht werden / Kappen der Leitung bei Zahlungsverzug soll verboten werden

24. Mai 2002, 10:02 Uhr

Von Martin Fiutak

Raschen Schutz vor 0190er-Abzocke hat Bundesverbraucherministerin Renate Künast angekündigt. Bereits im kommenden Monat soll ein Gesetz auf den Weg gebracht werden, das Dialer mit überhöhten Einwahlgebühren verhindern wird, versprach die Ministerin im WDR.
Künast konkretisierte darüber hinaus das Gesetzvorhaben, das bereits Anfang Mai erstmals skizziert worden war. So sieht es unter anderem vor, dass Betreiber der 0190er-Nummern ihre Seriosität nachweisen müssen. Wenn ein Kunde den Forderungen widerspreche, dürften die Netzanbieter die Summe nicht einfordern und zudem die Telefonleitung bei Zahlungsverzug nicht kappen. Netzbetreiber sollen das Inkasso für Forderungen der Mehrwertdiensteanbieter nur übernehmen, solange eine Forderung unbestritten ist; bei Widerspruch des Verbrauchers soll der Netzbetreiber weitere Inkassoversuche unterlassen, erläutert die Ministerin den Vorstoß.
Ziel sei es, dass der eigentliche Anbieter seine Forderungen an den Kunden richten muss, damit der überhaupt weiß, mit wem er es tatsächlich zu tun hat. Damit hat der Anbieter quasi Beweislast. Dann bleibe es dem Anbieter überlassen, seine Forderung gegenüber dem Verbraucher unmittelbar durchzusetzen, so Künast.

Erfolg dürfe er dabei aber nur haben, wenn er nachweisen könne, dass ein Vertrag mit dem Verbraucher über die angebotene Mehrwertdienstleistung zustande gekommen sei. Dazu müsse der Verbraucher gewusst haben, dass er über eine Dialerschaltung eine Dienstleistung von einem anderen Anbieter als seinem Netzbetreiber in Anspruch nimmt.
Zusätzlich müsse er den Preis erkannt haben können und diesen auch akzeptiert haben. Das ginge aber nur, wenn tatsächliche geschäftliche Beziehungen aufgenommen wurden, abgesichert beispielsweise durch eine vom Anbieter herausgegebene PIN.